Haushaltsrede 2019/20 von Felix

Haushaltsrede B90/ Die Grünen; Felix Herkens

Sperrvermerk Montag 3.12.2018 17:30 Uhr. Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Boch, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitarbeiter der Verwaltung, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

ein weiteres Mal stehen wir vor Haushaltsberatungen, die unter dem Schatten unserer finanziellen Lage stehen und uns zu schwierigen Entscheidungen zwingen, wie wir unsere zukünftigen Prioritäten setzen wollen.

Jedoch stehen nicht nur wir vor diesem Problem, sondern auch alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre oftmals schon nicht ausreichenden angemeldeten Mittel, nochmals gekürzt sehen. Unter diesem Eindruck und mit dem Wissen, welche schwere Bürde Sie tragen und wie wichtig Ihre Arbeit für unsere Stadt ist, möchte ich mich herzlich bei Ihnen bedanken.

Sehr geehrter Herr Boch, in Ihrer Haushaltsrede teilten Sie uns und der Bevölkerung mit, wie Sie zukünftig priorisieren wollen und dass wir ein klares Konzept in dem zu beschließenden Haushalt aufzeigen müssen. Und dass wir uns auf Schwerpunkte besinnen sollten, hat auch die Regierungspräsidentin in Ihrem letzten Gespräch mit Ihnen und uns Gemeinderäten deutlich gemacht.

Eine dieser Prioritäten muss zwingend die Erarbeitung einer Lösung in der Bäderfrage sein. Schon jetzt steht uns ein langer Zeitraum bevor, in dem wir eine nicht hinzunehmend kleine Wasserfläche für unsere Bevölkerung zu erwarten haben.

Trotz dieser Eile und trotz der Beteuerung aller Räte, dieses Problem zu lösen, scheint immer noch eine Ich-Mentalität vorzuherrschen, welche nicht akzeptabel ist und teilweise mehr nach Wählerstimmenfang aussieht, als nach einem Blick für das Wohl der Gesamtstadt. Die Bevölkerung will sicherlich nicht zum zehnten Mal die utopischen Forderungen nach dem kompletten Erhalt aller Wasserflächen hören, sondern endlich Ergebnisse sehen. Ergebnisse, die schlussendlich sind und zu einem sofortigen Beginn der Planungen und des Baus führen müssen.

Wir sind schon seit Beginn der Diskussion, als eine der wenigen in diesem Gremium, bereit, notwendige Einschnitte einzugehen und in der Frage, Prioritäten zu setzen. Mit der klaren Vorgabe, dass ein Hauptbad im Stadtgebiet absolute Priorität hat, gefolgt von unseren Schulbädern. Diese Reihenfolge garantiert den Schul- und Vereinssport und erreicht  für den öffentlichen Badebetrieb die meisten Menschen.

Wir sind auch weiterhin bereit, mit anderen Fraktionen, die bereit sind realistische Lösungen zu finden und Einzelinteressen hinten anstehen zu lassen, zu einem Ergebnis zu kommen, um der Bevölkerung endlich einen Weg aufzuzeigen, der auch finanziell möglich ist und nicht direkt vom RP kassiert wird.

Sehr geehrter Herr Weber, Sie sprachen von der Erschließung und Wichtigkeit von Gewerbegebieten für die Stadt. Und ja, wir müssen Lösungen finden, um unsere Einnahmenseite zu verbessern.

Was jedoch nicht zu diesen Lösungen gehört, ist der Versuch, aus einem wichtigen Ökosystem für die Stadt und ihre umliegenden Gemeinden, den Klapfenhardt-Wald zu opfern. Mittlerweile sollte allen klar werden, dass das reine wirtschaftliche Wachstum, ohne Rücksicht auf Natur und Mensch, schon längst eine rote Linie überschritten hat. Das Wirtschaften auf Kosten unserer Nachfolgegenerationen kann so nicht weitergehen.

Zum heutigen Zeitpunkt ist die ökologische Wertigkeit des Klapfenhardter Waldes mit seiner Flora und Fauna ja auch in einem Gutachten beschieden worden, in welchem mehrere nach Europa- und Landesrecht geschützte Arten nachgewiesen wurden. Unter diesen Umständen ist ein weiterer Versuch, dieses wichtige Stück Wald anzugreifen absolut abzulehnen, genauso wie Argumente, dass Pforzheim ja noch genug Wald hätte.

Wenn Sie aus einem Ökosystem ein derart großes Stück nachhaltig zerstören und versiegeln, wird das unausweichlich auch Einfluss auf das restliche Ökosystem nehmen und dieses negativ beeinflussen. Da hilft auch kein Cradle to cradle.

 

Unter dem Eindruck von Herrn Webers Rede ist es auch nicht nachvollziehbar, Herr Oberbürgermeister Boch, wieso Sie die Gewerbesteuer um 10 Hebesatzpunkte  senken wollen. Hier wird bewusst ein Risiko eingegangen, in der Hoffnung, dass sich diese Senkung schon auszahlen wird, die sich eine Stadt in unserer Situation nicht leisten kann. Schon bei Ihrer Brötchentaste haben wir bis heute keine wirklichen Erkenntnisse über deren tatsächlichen positiven Einfluss, trotzdem versuchen Sie wieder hellzusehen, dieses Mal jedoch mit Summen, die uns wirklich weh tun werden, wenn Sie sich nicht auszahlen. Sie haben in Ihrer Haushaltsrede ja selbst zugegeben, dass diese Senkung sich für den Einzelnen nicht besonders auszahlt, aber ein Zeichen wäre, dies zeigt nur deutlich, wie wenig Sie begründen können, dass diese Senkung positive Auswirkungen haben wird.

Und ja, wir müssen unsere Unternehmen unterstützen und fördern. Wir sehen ein, wie wichtig es ist, diese zu halten und ihnen einen guten Standort zu bieten. Wir unterstützen daher beispielsweise ausdrücklich ihre Digitalisierungsinitiative, ein Thema, das leider bisher viel zu kurz gekommen ist und sind in diesem Zusammenhang auch bereit, den Glasfaserausbau zu subventionieren.

 

Manchmal, meine Damen und Herren, braucht man in der Politik natürlich auch Zeichen und Symbolik in den Entscheidungen. Wir sind daher bereit, unter der Maßgabe eines Kompromisses einer Senkung der Gewerbesteuer zuzustimmen.

Dieser soll vorsehen, dass der Hebesatz anstatt um 10, nur um 5 Punkte gesenkt wird. Mit der Maßgabe, dass die gesparte Million die pro Jahr mehr bleibt ausschließlich für den Radverkehr verwendet wird.

Unter dieser Maßgabe sind wir bereit einer Senkung zuzustimmen. Eine Senkung die trotz 5 statt 10 Punkten insgesamt als positiv für die Unternehmen zu sehen ist. Denn auch diese haben ein Interesse an Radwegen für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese können sich fit halten und würden so eine sichere Alternative zum stressigen Berufsverkehr bekommen. Außerdem würde die gesamte Bevölkerung profitieren. Diese Radwege sorgen dafür Straßen zu entlasten und den Rahmen für sauberen Verkehr zu schaffen.

Alles in allem also eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten und trotz einer geringeren Senkung ein ebenso starke Zeichen an Wirtschaft und Bevölkerung. Einer reinen Senkung um 10 Hebesatzpunkte werden wir jedoch, auf Grund oben genannter Punkte, unter keinen Umständen zustimmen.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

bei der Fülle an Themen, die derzeit problematisch sind, kann es leicht passieren die kleineren Probleme zu übersehen.

Gerade im Sozialbereich haben wir einige kleinen Träger, aber natürlich auch große, die selbst durch kleine Kürzungen in Ihrer Existenz bedroht sind. Es sei hier nur die Aidshilfe genannt. Wenn wir diese Träger mit ihrer langjährig gewachsenen und wichtigen Arbeit verlieren, verlieren wir nicht nur ein Stück Hilfe im Kampf um soziale Gleichheit, wir verlieren auch soziale Infrastruktur und damit einen wichtigen Standortfaktor für Unternehmen und Menschen die mit dem Gedanken spielen nach Pforzheim zu kommen. Investitionen in den sozialen Bereich sind zwar meistens teuer, doch sie lohnen sich langfristig und sind jeden Euro wert.

 

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zum Thema Innenstadt Ost verlieren. Ja, auch wir hatten und haben Kritik an diesem Projekt. Und wir sind überzeugt, dass dieses kritische Hinterfragen genau richtig war, um jetzt einen Vorschlag vorliegen zu haben, der qualitativ unsere Anforderungen erfüllt. Einem Investor ein Stück öffentlichen Raums zu geben, ist immer eine schwierige Entscheidung und wir sagen auch klar eine Entscheidung, die für uns nicht zur Regel werden wird. Trotz allen finanziellen Problemen darf die Stadt nicht alle ihre Gestaltungsräume und Aufgaben privatisieren und damit Einfluss verlieren, was eventuell bedeutet, dass die Interessen von Minderheiten oder Schichten mit weniger Einfluss nicht mehr beachtet werden.

Trotz alle dem ist dieses Projekt in dieser Form nicht anders darstellbar, als mit einem Investor und auch die bisherig vorgestellten Vertragsmodalitäten stimmen positiv.

Wir glauben an die Innenstadt Ost, als Projekt, das Aufwind für die Stadt bringt, als Ort, den jeder Pforzheimer oder jede Pforzheimerin auf dem Weg zum Rathaus besuchen wird, als Chance und Auftakt für ein besseres Pforzheim, dass sich von seinen finanziellen und strukturellen Problem löst und positiv in die Zukunft geht. Dieses positive Gefühl wollen wir in die Bevölkerung tragen und sind darum überzeugt, dieses Projekt voran zu treiben.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche uns allen konstruktive Haushaltsberatungen, die für alle unter dem Hauptziel stehen sollten, das Beste für Stadt und Bevölkerung zu erreichen und Eigeninteressen auch mal hinten anstehen zu lassen.

In diesem Sinne frohes Schaffen und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.